Ärzteschaft: Medikamente

Entzug

Der erste Schritt besteht in der auf der vorherigen Seite beschriebenen Aufklärung über den möglichen Zusammenhang zwischen aktuellen Beschwerden und der Langzeiteinnahme. Als nächstes erfolgen die Informationen über den Entzug (bzw. die Folgen des Ausschleichens) aufgrund von gesicherten Fakten – dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der in Medien und Internetforen teilweise fälschlich berichteten Folgen wichtig. Generell gilt: Entzüge sind ambulant möglich, insbesondere auch bei älteren Patientinnen und Patienten, die bereits seit Jahren – teils Jahrzehnten – Benzodiazepine und Analoga (BZDA) einnehmen. Wichtige Voraussetzungen, damit ein Entzug gelingen kann, sind:

  • die Compliance des Patienten/der Patientin;
  • möglichst ein unterstützender Angehöriger im Umfeld;
  • keine schwerwiegende aktuelle psychiatrische Symptomatik (z. B. mittelgradige depressive Episode).
  • Wenn in der Vorgeschichte bereits stationär-psychiatrische Behandlungen nötig waren, sollte eher auf eine stationäre Entzugsmöglichkeit zurückgegriffen werden.

Ambulanter Entzug

Für den Entzug sollten nur BZD mit mittlerer Halbwertszeit (HWZ) und guter Teilbarkeit verwendet werden. Eine zu kurze HWZ führt zu deutlichen Blutspiegelschwankungen des Medikaments mit vermehrten Entzugserscheinungen und langwirksame BZD können zu einer Akkumulation des Wirkstoffs im Körper (gerade im älteren Körper!) und damit zu einer Dosiserhöhung führen. Non-Benzodiazepine sollten gemäss Holzbach (2010) aufgrund ihrer kurzen HWZ auf ein BZD mit mittlerer HWZ umgestellt werden. Deshalb sollten Non-Benzodiazepine auch auf BZD umgestellt werden. Je nach individueller Lebenssituation sollte die Gesamtdosis auf mind. 2, besser auf 4 Teildosierungen über den Tag verteilt werden. Warnhinweise zum Führen von Kraftfahrzeugen und Maschinen sollten deutlich gemacht werden. Für die Dosisreduktion verwendet Holzbach bei mehr als 8 mg Clonazepam 3mg-Schritte, ab 8mg: 2mg-Schritte, ab 4mg: 1mg-Schritte und ab 2mg: 0.5mg-Schritte. Dies erfolgt innerhalb eines Reduktionsintervalls von 3 bis 7 Tagen.

Holzbach empfiehlt das zeitliche Vorgehen mit dem Patienten/der Patientin im Vorfeld fest zu vereinbaren und die Kontaktdichte individuell zu wählen. Bei Schwierigkeiten beim Entzug kann im Bedarfsfall der nächste Reduktionsschritt entsprechend angepasst bzw. verschoben werden. Holzbach betont, dass einmal getätigte Reduktionsschritte nicht mehr zurückgenommen werden sollen, und dass der Entzug sich nicht über einen zu langen Zeitraum hinziehen sollte (länger als ein viertel, maximal in Ausnahmefällen ein halbes Jahr) da sonst die Ausdauer und Kraft des Patienten/der Patientin nicht ausreichen könne. Die verbrauchte Medikamentenmenge sollte ärztlicherseits stets mitgezählt werden. Für eine detaillierte Beschreibung inkl. Äquivalenztabellen siehe Holzbach (2010). Für einen stationären Entzug gemäss Holzbach sei verwiesen auf Holzbach (2006).

Quellen

  • Holzbach R. Der Benzodiazepineentzug und dessen Behandlung. Suchttherapie 2006; 7: 97-106.
  • Holzbach R. Benzodiazepin-Langzeitgebrauch und -abhängigkeit, Fortschr Neurol Psychiat 2010; 78: 425-434.

Informationen für Ärzteschaft

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