Zahlen und Fakten

Opioidabhängigkeit bedarf längerfristiger und interdisziplinärer therapeutischer Begleitung. Die Opioid-Agonisten-Therapie (OAT) richtet sich an Menschen mit einer Opioidabhängigkeit (BAG 2021). Dabei wird das Opioid, das eine Abhängigkeit erzeugt, durch ein legales und ärztlich verordnetes Opioid ersetzt (BAG 2013). Nebst der Verschreibung des Opioid-Agonisten beinhaltet die Behandlung auch somatische, psychiatrische, psychotherapeutische und sozialpädagogische Massnahmen. Aktuell befinden sich circa 18’000 Personen in der Schweiz in einer OAT mit Methadon, Levomethadon, retardiertem Morphin oder Buprenorphin und weitere rund 1700 Personen mit Diacetylmorphin (pharmazeutisch hergestelltes Heroin). Die gesetzliche Grundlage zur Abgabe von Methadon zur Behandlung von Menschen mit einer Opioidabhängigkeit besteht in der Schweiz seit 1975 (siehe Betäubungsmittelgesetz Art. 3e und Betäubungsmittelsuchtverordnung Art. 8 und 9) (BAG 2021).

Die Opioidabhängigkeit ist unverhältnismässig häufig mit Schäden verbunden, zu denen Infektionskrankheiten und andere Gesundheitsprobleme, Mortalität, Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und soziale Ausgrenzung gehören (EMCDDA 2021). Ausserdem tritt die Opioidabhängigkeit häufig in Kombination mit dem Beikonsum anderer psychoaktiver Substanzen auf (z. B. Tabak, Alkohol, Kokain, Benzodiazepine, Amphetamine). Zudem kommen in vielen Fällen auch psychiatrische Komorbiditäten wie Schizophrenie, affektive Störungen, Traumafolgestörungen oder Persönlichkeitsstörungen vor (Praxis Suchtmedizin 2020). Durch die OAT sollen negative Konsequenzen möglichst eingedämmt werden (EMCDDA 2021). Ausserdem verfolgt die OAT eine therapeutische Einbindung, eine Verbesserung des physischen und psychischen Gesundheitszustandes sowie den risikoarmen Konsum oder die langfristige Abstinenz (BAG 2021).

Die OAT hat sich als erste Wahl zur Behandlung von Menschen mit einer Opioidabhängigkeit durchgesetzt und ist auch in internationalen Guidelines fest verankert (siehe z. B. WHO, WFSBP, NICE) (BAG 2013; Strasser/Vogel 2021). Dies nicht zuletzt, da sie bei Menschen mit einer Opioidabhängigkeit die Sterblichkeit und den illegalen Opioidkonsum senkt und die Gefahr von Sekundärschäden sowie die Kriminalitätsrate reduziert. So wird die Lebensqualität dieser Menschen nachhaltig verbessert (BAG 2013).

Viele der Opioidkonsumierenden in der EU und in der Schweiz befinden sich im vierten oder fünften Lebensjahrzehnt (Dürsteler/Vogel 2016). Das Durchschnittsalter der Personen, die aufgrund ihres Opioidkonsums in Behandlung sind, ist seit 2006 um 4 Jahre gestiegen. Die Lebenserwartung dieser Menschen ist dank der OAT deutlich gestiegen (EMCDDA 2019; Rajaratnam et al. 2009). Auch im Alter besteht die Notwendigkeit, die Behandlung von Menschen in einer OAT weiterzuführen, um die chronische Erkrankung zu behandeln und die Lebensqualität zu erhalten (Dürsteler/Vogel 2016).

Opioidhaltige Medikamente weisen ein hohes Abhängigkeitspotenzial auf, werden aber immer häufiger verschrieben. In der Schweiz hat die Verschreibung starker Opioide zwischen 2013 und 2018 um über 40 % zugenommen – jene der schwachen Opioide hat abgenommen (Wertli et al. 2020). Im Jahr 2016 haben 1,8 % der Bevölkerung ab 15 Jahren in den letzten drei Monaten fast täglich ein starkes Schmerzmittel zu sich genommen. Dabei sind Frauen stärker betroffen als Männer (BAG 2021).

(siehe auch Medikamente und Wahl des Opioid-Agonisten)

Quellen

  • Bundesamt für Gesundheit. Substitutionsgestützte Behandlungen bei Opioidabhängigkeit (Empfehlungen Revision 2013). Bern: BAG; 2013.
  • Bundesamt für Gesundheit. Webseite. Substitutionsgestützte Behandlungen bei Opioidabhängigkeit. https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/sucht-und-gesundheit/suchtberatung-therapie/substitutionsgestuetzte-behandlung.html, Zugriff 30.05.2022.
  • Dürsteler-MacFarland KM, Vogel M. Opioidsubstitution im Alter: ein Update. SuchtMagazin 2016; 5: 18-21.
  • Dürsteler-MacFarland KM, Vogel M, Wiesbeck GA, Petitjean SA. There is no age limit for methadone: a retrospective cohort study. Substance Abuse Treatment, Prevention, and Policy 2011; 6: 9.
  • European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction. Opioids: health and social responses. Lisbon: EMCDDA; 2021.
  • Nordt C, Stohler R. Incidence of heroin use in Zurich, Switzerland: a treatment case register analysis. Lancet 2006; 368(9530): 118.
  • Praxis Suchtmedizin. Webseite. Opioidagonistentherapie (OAT) bei Opioidabhängigkeit. https://www.praxis-suchtmedizin.ch/index.php/de/heroin, Zugriff 31.05.2023.
  • Rajaratnam R, Sivesind D, Todman M et al. The aging methadone maintenance patient: treatment adjustment, long-term success, and quality of life. Journal of Opioid Management 2009; 5(1): 27-37.
  • Strasser J, Vogel M. Behandlung von Patienten unter Opioidagonistentherapie. Swiss Medical Forum 2021; 21(2324): 396-401.
  • Vogel M, Petitjean SA, Borgwardt S, Wiesbeck GA, Walter M. Therapie der Opioidabhängigkeit – ein Update. Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 2010; 161: 5-13.
  • Wertli M, Held U, Signorell A, Blozik E, Burgstaller J. Analyse der Entwicklung der Verschreibungspraxis von Schmerz- und Schlafmedikamenten zwischen 2013 und 2018 in der Schweiz. Bern: Universitätsspital Bern; 2020.

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