Nahestehende: Verhaltenssüchte
Was kann ich tun?
Hinschauen statt wegschauen
Reaktionen aus dem Umfeld sind hilfreich, damit der betroffene Mensch sein Verhalten verändern kann. Nahestehende können nützliche Impulse geben, indem sie das Gespräch aktiv suchen, anstatt das Thema zu meiden. So wird die betroffene Person ernst genommen und ist vielleicht bereit, sich Gedanken zum eigenen Verhalten zu machen und sich Fragen zu stellen: «Da macht sich jemand Sorgen. Ist mein Verhalten vielleicht wirklich ein Problem?»
Es kann sein, dass schon ein erstes Gespräch jemanden dazu motivieren kann, etwas zu verändern. Oft aber brauchen Betroffene eine Weile, manchmal eine lange Zeit, bis sie etwas unternehmen. Als nahestehende Person können Sie Wichtiges tun, wenn Sie hinschauen und zu guten Gelegenheiten immer mal wieder das Gespräch suchen.
Sie sollten aber auch darauf achten, sich vom Problem nicht zu sehr vereinnahmen zu lassen. Tragen Sie auch zu sich selbst Sorge! Letztlich muss die betroffene Person selbst eine Veränderung wollen. Als nahestehende Person können Sie zwar Anstösse geben und motivieren, aber zu einer Veränderung zwingen können Sie niemanden.
Sorgen ausdrücken
Es kann sein, dass Sie bei einem nahestehenden Menschen Beobachtungen machen, die Ihnen Sorgen bereiten. Wenn Sie mit der Person das Gespräch suchen, ist es wichtig, die Beobachtungen und Sorgen in der ICH-Form anzusprechen. Sprechen Sie dabei über Ihre eigenen Gefühle und Beobachtungen: «Ich mache mir Sorgen, weil ich das Gefühl habe, dass du immer öfters am Bildschirm bist», «Ich bin besorgt, weil ich in letzter Zeit beobachte, dass du häufiger um Geld spielst als früher», «Ich möchte das ansprechen, weil mir dein Wohlergehen wichtig ist». Und man kann Fragen stellen: «Wie siehst du das?», «Findest du das auch?».
Wenn Sie das Gespräch suchen, empfehlen wir die folgenden Punkte zu beachten:
- Führen Sie das Gespräch aus der Haltung der eigenen Sorge und Betroffenheit heraus. Haben Sie Mut, die Dinge beim Namen zu nennen.
- Wählen Sie einen passenden Moment für das Gespräch: Wenn Sie ungestört sind und ausreichend Zeit für das Gespräch haben. Vielleicht bei einem Spaziergang?
- Machen Sie der betreffenden Person keine Vorwürfe und geben Sie keine Anordnungen, sonst verschliessen sich viele vor einem Gespräch.
- Sprechen Sie die eigenen Sorgen und Beobachtungen aus und fragen Sie die betreffende Person nach ihrer Meinung. So fühlt sich ihr Gegenüber ernst genommen und kann leichter auf ein Gespräch einsteigen.
Vorschläge machen und motivieren
Wenn Sie Vorschläge in Fragen kleiden, ist die Chance höher, dass sie auch angenommen werden.
- Fragen, ob sich die betroffene Person vorstellen kann, sich über die Risiken von ihrem Verhalten zu informieren.
- Fragen, ob sie sich überlegen möchte, mit einer Fachperson zu sprechen.
Fachpersonen, die weiterhelfen können, sind Ärzte und Ärztinnen, Mitarbeitende einer Beratungsstelle für Abhängigkeitserkrankungen oder speziell ausgebildetes Personal von Spitex-Organisationen. Für viele Betroffene ist auch wichtig zu wissen: Gespräche mit Fachpersonen sind vertraulich und können zu Beginn auch anonym am Telefon oder online erfolgen. Manchmal ist es für Betroffene hilfreich, wenn Nahestehende anbieten, sie zu einem ersten Gespräch mit einer Fachperson zu begleiten. Veränderungen sind auch im fortgeschrittenen Alter möglich und können massiv zu einer besseren Lebensqualität für alle Beteiligten beitragen. Dies einer betroffenen Person mitzuteilen, kann ebenfalls motivierend sein.
Verantwortung zurückgeben
Sie können die betroffene Person nicht heilen und Sie sind auch nicht verantwortlich für das Gelingen oder eine Veränderung bei der betroffenen Person. Die betroffene Person muss selber Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen. Das heisst: Als nahestehende Person müssen und dürfen Sie auch loslassen können.
Frühzeitig Unterstützung holen
Es ist immer möglich, sich professionelle Unterstützung zu holen – auch als nahestehende Person. Verhaltenssüchte können gut behandelt werden. Dabei gilt: je früher Unterstützung geholt wird, desto besser. Denn eine frühzeitige Einschätzung kann helfen, die entstehenden Probleme rechtzeitig zu erkennen. Bei Bedarf kann eine Fachperson Sie auch dabei begleiten, die für Sie passenden nächsten Schritte zu machen.
Für Betroffene und Angehörige gibt es verschiedene Informations- und Beratungsmöglichkeiten in allen Regionen der Schweiz sowie Onlineangebote. Bei Suchtberatungsstellen können Termine vereinbart werden. Viele Angebote sind kostenlos und die Beraterinnen und Berater unterliegen der Schweigepflicht.
- Hier finden Sie Hilfe vor Ort in Ihrer Region: Suchtindex.ch
- Hier können Sie kostenlos und anonym eine Online-Beratung machen: SafeZone.ch